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Willkommen auf dem Blog der Bücherei Alstaden

Die Katholische öffentliche Bücherei St. Antonius



ist die einzige öffentliche Bücherei im Ortsteil Alstaden von Oberhausen (Rheinland) mit etwa 22000 Einwohnern.

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11. April 2010

Gedicht des Monats

Gedicht des Monats APRIL 2010

Das  Gedicht des Monats soll anregen, laut zu lesen und am besten auswendig zu lernen.
Jeden Monat stellen wir ein Gedicht vor, passend zur Jahreszeit oder Ereignissen des Monats.

In diesem Monat gibt's das Gedicht gar mit Kommentar:

T.S. Elliot: aus "The Waste Land"
Deutsch von Norbert Hummelt

April ist der übelste Monat von allen, treibt
Flieder aus der toten Erde, mischt
Erinnerung mit Lust, schreckt
Spröde Wurzel auf mit Frühlingsregen.
Der Winter hat uns warm gehalten, hüllte
Das Land in vergeßlichen Schnee, fütterte
Ein wenig Leben durch mit eingeschrumpelten Knollen.
Der Sommer kam als Überraschung, über den Starnberger See
Mit Regenschauer; wir flüchteten unter die Kolonnaden,
Die Sonne kam wieder, wir gingen weiter zum Hofgarten
Und tranken Kaffee und redeten eine Stunde.

Hier ist kein Wasser sondern nur Fels
Fels und kein Wasser und die sandige Straße
Die Straße windet sich hoch in die Berge
Die Felsgebirge ohne Wasser sind
Wäre hier Wasser könnten wir halten und trinken
Man kann in den Felsen nicht halten noch denken
...
Nicht einmal Stille ist in den Bergen
Nur trockner unfruchtbarer Donner ohne Regen
Nicht einmal Einsamkeit ist in den Bergen
Nur rote mürrische Gesichter höhnen und spotten
Aus Türen rissiger Lehmhäuser


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Kommentar:

1.  Autor und Gedicht

Thomas Stearns Eliot (* 26. September 1888 in St. Louis, Missouri, USA; † 4. Januar 1965 in London) war ein englischsprachiger Lyriker, Dramatiker und Kritiker, der als einer der bedeutendsten Vertreter der literarischen Moderne gilt. Im Jahr 1948 wurde er mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet. 1927 erwarb er die britische Staatsbürgerschaft
Seine Lyrik gilt als enigmatisch und zugleich als ein Höhepunkt der westlichen Literaturgeschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Das Versepos The Waste Land (Das wüste Land) erschien 1939 und gilt als ein Hauptwerk.
Eliot betrachtete Literatur als Möglichkeit, in der chaotischen Wirklichkeit eine Ordnung aufzudecken und damit direkten Einfluss auf das individuelle Leben zu nehmen. Seine Denkweise war von Buddhismus, antiker Philosophie und christlichem Mystizismus beeinflusst. Er selbst übte einen starken Einfluss auf einige bedeutende spätere Denkströmungen aus, darunter den Existenzialismus.

"Das öde Land" ist eine zugleich ungeheuer vieldeutige und vielsagende Versdichtung. Sie spricht über die Umwälzungen eines neuen Jahrhunderts mitsamt den dadurch verursachten Schrecken; sie schlug frische, ungekannte Töne an; und sie besitzt jene geniale, magische Aussagekraft, durch die sich ein Mixtum compositum aus subjektiven Empfindungen, beklemmenden Szenen, Beobachtungen und erlesenen wie populären Zitaten unmittelbar als große poetische Reflexion über die Epoche darstellt.
Verschiedene Kritiker haben mir die Ehre angetan, das Gedicht als Kritik an der Gegenwart zu interpretieren, und haben sogar eine gehörige Portion Gesellschaftskritik hineingelesen. Für mich war es nur das Ventil für einen privaten und ganz belanglosen Grant gegen das Leben; es ist lediglich ein Stück rhythmischer Quengelei. [Vorwort Faksimile-Ausgabe, 1971]
T. S. Eliot liebte solche mal ironischen, mal sarkastischen Distanzierungen, wenn man ihm zu nah oder zu simpel auf den Leib rückte. Trotzdem steckt darin ein Stück Wahrheit. Denn tatsächlich stand am Anfang des Stücks Weltliteratur, zu dem "The Waste Land" wurde, ein geballtes Quantum von privatem Ungemach. Eliot litt an Kopfschmerzen, Erschöpfungszuständen, Angst- und Unruhegefühlen; er hatte Ärger mit der Einkommensteuer, seine Frau krankte dauerhaft an Körper und Seele; Freunde konstatierten ein "sehr trauriges und elendes Aussehen", sein Arzt diagnostizierte eine nervöse Störung, schließlich war sogar von Nervenzusammenbruch die Rede. Und auch die allgemeine Lage ließ 1921 sehr zu wünschen übrig. Eliots Biograph Peter Ackroyd berichtet:

Das Jahr, in dem Das wüste Land geschrieben wurde, war ein Jahr schlimmster politischer und wirtschaftlicher Unzufriedenheit: Der Nachkriegsboom war zusammengebrochen, es gab zwei Millionen Arbeitslose, und das Wirtschaftschaos wurde noch durch die Unentschlossenheit der Koalitionsregierung verschärft. Eliot verachtete die Demokratie und mit starken Worten beschrieb er die Hass- und Abscheugefühle, die die Zeitsituation in ihm erweckte.
Außerdem brachte der Sommer große Hitze und regenlose Dürre, ganz zu schweigen von einer Grippe, die den Mund austrocknete und mit bitterem Geschmack erfüllte.
"Diese Symptome stehen in auffälliger Übereinstimmung mit dem Zustand und der Thematik des literarischen Projekts, mit dem sich Eliot das ganze Jahr abmühte", schreibt Norbert Hummelt im Nachwort zu seiner Neuübersetzung. Es ist wahr: Eliot musste nicht weit gehen, um aus dem Krisengebiet seines privaten Lebens auf den unwirtlichen Boden des 20. Jahrhunderts zu gelangen, das gerade erst ein höchst brutales Gesicht gezeigt hatte. Der Erste Weltkrieg, Umwälzungen und Revolutionen hatten das Krisengefühl der Moderne zugespitzt. Und Eliot persönlich erging es wie dem Jahrhundert: Noch war er jung und doch schon von Katastrophen zermürbt. Es hat also einiges für sich, wenn Norbert Hummelt "The Waste Land" charakterisiert als "ein Hoheslied der Bitternis, mit trockener Kehle verfasst".
So gesehen wird auch leicht begreiflich, warum in den berühmten ersten Versen ausgerechnet der April, der ja das Frühlingserwachen einleitet, so schlecht abschneidet. In Eliots Augen war es eben ein böses Erwachen, das dieses neue Jahrhundert seinen Zeitgenossen bescherte.

2.  Quellenangaben

T. S. Eliot: Das öde Land. Englisch und deutsch. Übertragen und mit einem Nachwort versehen von Norbert Hummelt. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2008. 71 Seiten, 16,80 Euro

Der Kommentar ist entlehnt  dem Beitrag von Eberhard Falcke aus http://www.dradio.de/dlf/sendungen/buechermarkt/894008/

Biografische Information zu Eliot nach http://de.wikipedia.org/wiki/T.S._Eliot



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