Gedicht des Monats JUNI 2011
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Das Gedicht des Monats soll anregen, laut
zu lesen und am besten auswendig zu lernen.Jeden Monat stellen wir ein Gedicht vor, passend zur Jahreszeit oder Ereignissen des Monats.
Diesen Monat mit einer biografischen Notiz.
Zieh ein zu deinen Toren
Paul Gerhardt, 1653
1. Zieh ein zu deinen Toren,
sei meines Herzens Gast,
der du, da ich geboren,
mich neu geboren hast,
o hochgeliebter Geist
des Vaters und des Sohnes,
mit beiden gleichen Thrones,
mit beiden gleich gepreist.
2. Zieh ein, laß mich empfinden
und schmecken deine Kraft,
die Kraft, die uns von Sünden
Hilf und Errettung schafft.
Entsünd'ge meinen Sinn,
daß ich mit reinem Geiste
dir Ehr und Dienste leiste,
die ich dir schuldig bin.
3. Ich war ein wilder Reben,
du hast mich gut gemacht;
der Tod durchdrang mein Leben,
du hast ihn umgebracht
und in der Tauf erstickt
als wie in einer Flute
mit dessen Tod und Blute,
der uns im Tod erquickt.
4. Du bist das heilig Öle,
dadurch gesalbet ist
mein Leib und meine Seele
dem Herren Jesus Christ
zum wahren Eigentum,
zum Priester und Propheten,
zum König, den in Nöten
Gott schützt vom Heiligtum.
5. Du bist ein Geist, der lehret,
wie man recht beten soll;
dein Beten wird erhöret,
dein Singen klinget wohl,
es steigt zum Himmel an,
es läßt nicht ab und dringet,
bis der die Hilfe bringet,
der allen helfen kann.
6. Du bist ein Geist der Freuden,
von Trauern hältst du nichts,
erleuchtest uns im Leiden
mit deines Trostes Licht.
Ach ja, wie manches Mal
hast du mit süßen Worten
mir aufgetan die Pforten
zum güldnen Freudensaal.
7. Du bist ein Geist der Liebe,
ein Freund der Freundlichkeit,
willst nicht, daß uns betrübe
Zorn, Zank, Haß, Neid und Streit.
Der Feindschaft bist du feind,
willst, daß durch Liebesflammen
sich wieder tun zusammen,
die voller Zwietracht seind.
8. Du, Herr, hast selbst in Händen
die ganze weite Welt,
kannst Menschenherzen wenden,
wie dir es wohlgefällt;
so gib doch deine Gnad
zu Fried und Liebesbanden,
verknüpf in allen Landen,
was sich getrennet hat.
9. Erhebe dich und steu're
dem Herzleid auf der Erd,
bring wieder und erneu're
die Wohlfahrt deiner Herd.
Laß blühen wie zuvor
die Länder, so verheeret,
die Kirchen, so zerstöret
durch Krieg und Feuerszorn.
10. Beschirm die Obrigkeiten,
richt auf des Rechtes Thron,
steh treulich uns zur Seiten;
schmück wie mit einer Kron
die Alten mit Verstand,
mit Frömmigkeit die Jugend,
mit Gottesfurcht und Tugend
das Volk im ganzen Land.
11. Erfülle die Gemüter
mit reiner Glaubenszier,
die Häuser und die Güter
mit Segen für und für.
Vertreib den bösen Geist,
der dir sich widersetzet
und, was dein Herz ergötzet,
aus unsern Herzen reißt.
12. Gib Freudigkeit und Stärke,
zu stehen in dem Streit,
den Satans Reich und Werke
uns täglich anerbeut.
Hilf kämpfen ritterlich,
damit wir überwinden
und ja zum Dienst der Sünden
kein Christ ergebe sich.
13. Richt unser ganzes Leben
allzeit nach deinem Sinn;
und wenn wir's sollen geben
ins Todes Rachen hin,
wenn's mit uns hier wird aus,
so hilf uns fröhlich sterben
und nach dem Tod ererben
des ewgen Lebens Haus.
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Biografische Notiz
Paul Gerhardt, vermutlich allen dem Namen nach bekannt, hat über 100 Liedtexte geschrieben, von denen sich 26 im aktuellen Evangelischen Gesangbuch finden (das vorliegende unter Nr. 133).
Typisch für die Paul Gerhard Lieder ist zum einen, dass er den Inhalt immer in vielen, vielen Strophen ausführt und die unterschiedlichsten Facetten einer Sache bedenkt. Zum anderen die Zuversicht, die Glaubensstärke, die aus seinen Liedern spricht.
Gerhardt, am 12. März 1607 in der kleinen kursächsischen Landstadt Gräfenhainichen geboren, hat den 30jährigen Krieg (1618-1648) wie persönliches Leid und Elend erfahren. Mit 12 stirbt sein Vater, die Mutter zwei Jahre später. Er studiert in Wittenberg ev. Theologie und wird Pfarrer. 1842, den durch den Krieg verödeten Städten und Ländereien zu entfliehen, geht er als Hauslehrer nach Berlin und findet dort in der Gastfamilie seine Braut. 1651 tritt er erneut eine Pfarrstelle an. Die fünf Kinder des Ehepaares sterben bis auf einen Sohn sämtlich in früher Kindheit. In Mittenwalde arbeitet er mit dem Kirchenmusiker Johann Crüger, später mit dessen Nachfolger Kantor Georg Ebeling an seinen Liedern. 1657 wird er an die Nicolaikirche nach Berlin berufen, gerät aber mit dem Landesherrn, der den Lutheraner Gerhardt drängt, die evangelisch-reformierte Konfession anzunehmen, in Streit und wird 1666 entlassen. Nach 13 Ehejahren stirbt 1668 seine Frau mit 46 Jahren. Am 27. Mai 1676 stirbt der Liederdichter in seiner letzten Pfarrstelle in Lübben als kaum bekannter Pfarrer.
Mit "Zeih ein zu deinen Toren" gibt Gerhardt in 13 Strophen ein Lob- und Preislied auf den Heiligen Geist. Er bittet ihn, lädt ihn ein, fordert ihn auf, dass er in unser Leben kommt und es verändert.
Helmut Krebs
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