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Willkommen auf dem Blog der Bücherei Alstaden

Die Katholische öffentliche Bücherei St. Antonius



ist die einzige öffentliche Bücherei im Ortsteil Alstaden von Oberhausen (Rheinland) mit etwa 22000 Einwohnern.

Wir geben hier Informationen zu unserer Bücherei, Termine und Buchtipps bekannt.

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Wir freuen uns über Ihr Interesse und hoffen, Sie bald in unserer Bücherei begrüßen zu können.

10. Januar 2011

Gedicht des Monats

Gedicht des Monats JANUAR 2011
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Das  Gedicht des Monats soll anregen, laut zu lesen und am besten auswendig zu lernen.
Jeden Monat stellen wir ein Gedicht vor, passend zur Jahreszeit oder Ereignissen des Monats.

In diesem Monat mit einem zeitgenössichem Gedicht, dem auch ein Kommentar beigegeben ist.


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Das Trauerspiel von Afghanistan

Der Schnee leis stäubend vom Himmel fällt,
Ein Reiter vor Dschellalabad hält,
„Wer da!“ – „Ein britischer Reitersmann,
Bringe Botschaft aus Afghanistan.“

Afghanistan! Er sprach es so matt;
Es umdrängt den Reiter die halbe Stadt,
Sir Robert Sale, der Kommandant,
Hebt ihn vom Rosse mit eigener Hand.

Sie führen ins steinerne Wachthaus ihn,
Sie setzen ihn nieder an den Kamin,
Wie wärmt ihn das Feuer, wie labt ihn das Licht,
Er atmet hoch auf und dankt und spricht:

„Wir waren dreizehntausend Mann,
Von Kabul unser Zug begann,
Soldaten, Führer, Weib und Kind,
Erstarrt, erschlagen, verraten sind.
         
Zersprengt ist unser ganzes Heer,
Was lebt, irrt draußen in Nacht umher,
Mir hat ein Gott die Rettung gegönnt,
Seht zu, ob den Rest ihr retten könnt.“

Sir Robert stieg auf den Festungswall,
Offiziere, Soldaten folgten ihm all‘,
Sir Robert sprach: „Der Schnee fällt dicht,
Die uns suchen, sie können uns finden nicht.

Sie irren wie Blinde und sind uns so nah,
So laßt sie’s hören, daß wir da,
Stimmt an ein Lied von Heimat und Haus,
Trompeter blast in die Nacht hinaus!“

Da huben sie an und sie wurden’s nicht müd‘,
Durch die Nacht hin klang es Lied um Lied,
Erst englische Lieder mit fröhlichem Klang,
Dann Hochlandslieder wie Klagegesang.

Sie bliesen die Nacht und über den Tag
Laut, wie nur die Liebe rufen mag,
Sie bliesen – es kam die zweite Nacht,
Umsonst, daß ihr ruft, umsonst, daß ihr wacht.

„Die hören sollen, sie hören nicht mehr,
Vernichtet ist das ganze Heer,
Mit dreizehntausend der Zug begann,
Einer kam heim aus Afghanistan.“

 
Theodor Fontane (1819-1898)
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Kommentar

Theodor Fontane verfasste das Gedicht im Jahre 1859. Seinen Ton erkennt man gleich. Aber es ist doch ein kunstloses Gedicht, eher wie ein paar Merkverse, ein bißchen ausgeschmückt, damit man diesen geschichtlichen Vorgang weitersagen kann und ihn nicht vergißt.

Fontane griff mit seinen Versen eine Tragödie am Ende des I. Anglo-afghanischen Kriegs (1839-1842) auf: Der britische General Elphinstone war unter Zusicherung freien Geleits mit rund 5000 Soldaten und ihren teilweise am Feldzug beteiligten Familien sowie einem riesigen Troß aus dem belagerten Kabul aufgebrochen, um sich nach Dschalalabad durchzuschlagen – insgesamt waren rund 13 000 Leute unterwegs. Die Kolonen wurden allerdings unentwegt angegriffen und letztlich in der Khurd-Kabul-Schlucht nahe Kabul vollständig aufgerieben. Nur der Feldarzt Dr. William Brydon erreichte mit seinem Pferd die Garnison in Dschalalabad.

Fontane war seit 1857 als Auslandskorrespondent für verschiedene deutsche Zeitungen in London tätig und beschäftigte sich dabei mit der britischen Kolonialgeschichte. Die Niederlage von 1842 hatte aus dem „Großen Spiel“ (dem geoipolitischen Ringen zwischen Rußland und Großbritannien) ein „Trauerspiel“ werden lassen – es war die erste große Niederlage der britischen Kolonialgeschichte und eine Demütigung vor der ganzen Welt.
(Quelle: http://www.sezession.de/22403/das-januar-gedicht-fontane-seltsam.html )

Fontane kam nie nach Afghanistan. Wir sind nun gespannt, ob uns eine zeitgenössische deutsche Poetenseele, oder auch ein Soldat der Bundeswehr mit lyrisch gegossenen Worten Kriegserlebnisse aus diesem fernen, auch von Deutschen geführten Krieg näherbringt.

H. Krebs
Mit Dank an Götz Kubitschek

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